Verkehr: Verkehrswege

Altes Wegenetz

Weg in der Bauerschaft Kattenstroth um 1910
Weg in der Bauerschaft Kattenstroth um 1910

Das alte Wegenetz des späten Mittelalters und der frühen Neuzeit wurde in seiner Richtung kaum verändert, doch änderte sich seine Wegeführung immer dann, wenn die alten Strecken ausgefahren oder überwuchert waren.

Zentrum den Wegenetzes im Kirchspiel Gütersloh war die alte Kirche mit dem Speicher-Ring bis ins 16. Jahrhundert und dem dann wachsenden Dorf. Viele der Hauptwege liefen auf die Kirche zu, andere verbanden die Bauerschaften untereinander oder die Zentren der Herrschaft mit den Menschen in Gütersloh – also beispielsweise in Richtung zum oder vom Reckenberg in Wiedenbrück als Sitz der Osnabrücker Verwaltung (und ab 1815 des preußischen Landrates) oder nach Rheda.

Die Kirche selbst entstand seitlich versetzt an der Kreuzung des Weges von Wiedenbrück in Richtung des Bielefelder Passes durch den Teutoburger Wald und einer nicht ganz so bedeutenden West-Ost-Verbindung.

Dieses alte Wegenetz blieb im Grundsatz blieb es aber bis in die Gegenwart erhalten, denn auch die neuen Kreischausseen des späten 19. Jahrhunderts nutzten die alten Trassen.

Chaussee

Meilenstein an der Bundesstraße 61 in Rheda-Wiedenbrück
Meilenstein an der Bundesstraße 61 in Rheda-Wiedenbrück

Die Chaussee von Minden nach Koblenz war eine der ersten großen Fernverbindungsstraßen, die Preußen für seine westlichen Provinzen herstellen wollte. Die wesentlichen Planungen waren bereits vor 1800 abgeschlossen. Bis zur Niederlage gegen die französischen Truppen Napoleons 1803 war die Chaussee bis nach Brackwede fertiggestellt. Dann wurden die Bauarbeiten wegen der Kontributionszahlungen Preußens an Frankreich aus Geldmangel eingestellt, bevor das Gebiet Minden-Ravensbergs an der Grenze zur Herrschaft Rheda nahe Isselhorst überschritten war.

 

Mit der Übernahme der Regierungsgewalt in allen ehemaligen Staaten auf dem Gebiet des heutigen Westfalen wurde 1815 der Bau der nun noch wichtiger gewordenen Straße fortgesetzt. Schon 1817 erreichte die befestigte Straße Gütersloh, wo ein heftiger Steit über die Straßenführung durch das Stadtgebiet und über den Ausbau mit all seinen Kosten entbrannt war. Dieser Streit wurde schließlich durch den Oberpräsidenten von Vincke um 1820 beendet.

 

1822 wurde der Betrieb auf der Chaussee regulär aufgenommen. Von Süden kommend führte die Straße durch Kattenstroth und überquerte die Dalke - als alte Staatsgrenze zwischen Osnabrück (im Süden) und dem einst zu Rheda gehörenden Dorf - auf der Strecke der heutigen Straße "Unter den Ulmen". Am Beginn des Dorfes knickte die Chaussee nach einem kurzen Stück über die Blessenstätte nach links ab auf die sogenannte "Buschstraße", die vom Kirchplatz zum Siedlungsgebiet "Busch" im nördlichen Gebiet der späteren Stadt Gütersloh führte. Nun ging es nahezu schnurgerade in Richtung Brackwede weiter.

Ausflugslokal und Raststation an Chausseen wie Lütkewinkelmann waren um 1900 beliebte Haltepunkte.
Ausflugslokal und Raststation an Chausseen wie Lütkewinkelmann waren um 1900 beliebte Haltepunkte.

Die gut befestigte Straße ermöglichte die Aufnahme immer größerer Fuhrwerke mit schweren Lasten, während die Fußgänger und die Schubkarren oft die seitlichen Wege neben der Chaussee nutzten. Der Straßentyp der Chaussee mit ihrer Kunst der Befestigung für Schwerlastfahrzeuge war Ende des 18. Jahrhunderts von den preußischen Ingenieuren im Bergbaugebiet des Märkischen Industriereviers entwickelt worden. Im Raum Gütersloh kam er vor allem den einheimischen Fuhrleuten entgegen, die ihre Lasten nun schneller befördern konnten. Außerdem wurde endlich der Postkurs über Gütersloh geführt.

 

Die nächstliegenden Chausseegeldhäuser, in denen die Benutzungsgebühren für die unterschiedlichen Fahrzeuge kassiert wurden, standen nördlich von Gütersloh in Nordhorn (heute Gasthaus "Bermpohl", Berliner Straße 158) und südlich in Lintel (auf der linken Straßenseite kurz vor Restaurant "Rosengarten").

Straßenpflaster

Die Königstraße – hier im Kreuzungsbereich mit der Feldstraße – wurde 1820 als erste Straße gepflastert.
Die Königstraße – hier im Kreuzungsbereich mit der Feldstraße – wurde 1820 als erste Straße gepflastert.

Straßenpflaster war erstmals auf der Chaussee durch das Dorf über die "Buschstraße" (heute die Berliner Straße) verwendet worden. Darauf konnten die schweren Last-Fuhrwerke und Schubkarren durch die Stadt gefahren werden, ohne auf schlammigen Straßen einzusinken.

 

Zwar gab es lange Auseinandersetzungen über die Höhe des Pflasters vor den Häusern und auch über die Reinigung der Abwasserrinnen entlang der Chaussee, aber die Vorteile auch für den Verkehr von Fuhrwerken und Fußgängern im Dorf wurden angesichts des festen Belags bei dem oft feuchten Wetter in Gütersloh rasch sichtbar.

 

Deshalb wurde sehr früh begonnen, die Straßen des Dorfes zu pflastern. Dabei waren die Anwohner jeweils schon früh gezwungen, eigene Beiträge zu den Baukosten zu leisten.

 

Zunächst wurden schon 1820 die Königstraße und die Münsterstraße sowie die erste Hälfte der Kirchstraße mit Mitteln der Anwohner gepflastert, zwei Jahre später folgte der Rest der Kirchstraße. Im August 1836 wurden die Pflasterarbeiten in der Kökerstraße und der Blessenstätte als "Nebenstrassen in Gütersloh" (Stadtchronik) vollendet.

 

Auch die noch unbedeutenden Straßen Neue Reihe (Hohenzollernstraße) und Wallstraße (im Gebiet des Busch neben der Chaussee) wurden 1837 und 1838 gepflastert.

Bahnlinien

Erste Pläne für den Bau einer Eisenbahn wurden bereits 1833 bekannt. Bürger und Stadt zeichneten bereits Aktien für den Bau dieser Strecke, doch dieses Kapital ging verloren.

Der Bahnhof der Köln-Mindener-Bahn von der Kirchstraße 1908
Der Bahnhof der Köln-Mindener-Bahn von der Kirchstraße 1908

Erst die in den 1840er Jahren vorbereitete Bahnlinie von Köln über Oberhausen und Hamm nach Minden konnte nach heftigem Streit über die Linienführung zwischen Hamm und Bielefeld realisiert werden. Gütersloh und Rheda wurden als Stationen den eigentlich favorisierten Städten Rietberg und Lippstadt vorgezogen. Nicht unerheblich war der Einsatz des Fürsten von Rheda für diese Streckenführung. Noch entscheidender für diese Linienführung der Köln-Mindener Eisenbahn war die Bereitschaft der Gütersloher, Flächen für das Bahnhofsgelände mit Empfangsgebäude und Güterabfertigung sowie das für den Steigungsbetrieb bis Bielefeld notwendige Betriebswerk für stärkere Lokomotiven bereitzustellen.

Die Eisenbahn gab Hunderten von Beschäftigten in Gütersloh Arbeit
Die Eisenbahn gab Hunderten von Beschäftigten in Gütersloh Arbeit
Die Unterhaltung der Strecke erforderte viel Personal
Die Unterhaltung der Strecke erforderte viel Personal

Am 15. Oktober 1847 nahm die Köln-Mindener Eisenbahn den Betrieb auf. Innerhalb weniger Jahre wurden alle Erwartungen der Gütersloher Kauflaute übertroffen und die Bahn entwickelte sich mit ihrer Güterabfertigung zum Motor der Gütersloher Industrieentwicklung. Neben den Rohstoffen für die jeweiligen Betriebe waren es vor allem die für die Energieerzeugung wichtigen Rohstoffe wie Kohle und Koks, die nun in großen Massen transportiert werden konnten und industrielle Produktion abseits des Kohlenreviers ermöglichten. Einziger Nachteil für Gütersloh: Duchgehende Züge und Rangierfahrten verlangten die häufige Schließung des Bahnübergangs von der Stadt zum Güterbahnhof an der Kirchstraße – manchmal warteten Fußgänger und Fahrzeuge sehr lange, denn die Schranken waren oft bis zu acht Stunden am Tag geschlossen.

 

Die guten Erfahrungen mit der Hauptlinie führten zu immer neuen Versuchen, eine Ost-West-Verbindung zusätzlich zu errichten. Im November 1900 konnte die Teutoburger Wald Eisenbahn ihre Strecke in Richtung Harsewinkel, Versmold und Bad Laer eröffnen, die später bis Ibbenbüren am Mittelland-Kanal fortgesetzt wurde. Drei Jahre später war auch die Strecke über Spexard und Verl nach Hövelhof fertig verlegt.

Teutoburger Wald-Eisenbahn

Bürgermeister Emil Mangelsdorf und Dampfmühlenbesitzer August Niemöller vertraten im Oktober 1895 die Interessen Güterslohs bei einer Verhandlung über den Bau einer Privatbahn von Gütersloh zum Dortmund-Ems-Kanal. Aus diesem Vorhaben wurde nach langen Vorbereitungen am 17. Juni 1899 die Teutoburger Wald-Eisenbahn Aktiengesellschaft. Zu den Aktionären gehörten das Eisenbahn-Bauunternehmen Vehring & Waechter aus Berlin sowie die Städte und Gemeinden an der künftigen Bahnlinie.

Der Bahnhof der TWE um 1905
Der Bahnhof der TWE um 1905

Den Vorstand bzw. die Direktion der Gesellschaft bildeten der Tecklenburger Rechtsanwalt Wilhelm Fisch und Güterslohs Bürgermeister Mangelsdorf. Gütersloh hatte fast ein Drittel der kommunalen Aktien gezeichnet und damit den Weg zu diesem von den Kommunen zu 70 Prozent und von Privatunternehmen zu 30 Prozent finanzierten Infrastruktur-Projekts ermöglicht. Durch Mangelsdorf neues Nebenamt hatte die Stadt erheblichen Einfluss auf die Geschäftspolitik der Bahn. Zusätzlich gehörte August Niemöller dem Aufsichtsrat der TWE an.

Vorbereitungen und Bauten wurden für die Strecke nach Laer mit der Eröffnungsfahrt am 1. November 1900 abgeschlossen. Am 19.7.1901 konnte die Bahn bis Ibbenbüren und zum Hafen in Saerbeck fertiggestellt werden. Diese Strecke sollte für den Transport der Arbeiter und Angestellten in Gütersloh innerhalb weniger Jahre genauso bedeutend werden wie für den Warentransport etwa von Schlachtvieh nach Versmold oder von Zement zur Staatsbahn nach Gütersloh.

 

Am 19. April 1903 fand die Eröffnungsfahrt der TWE-Strecke nach Hövelhof statt, die Gütersloh mit dem zentralen Kopfbahnhof der Gesellschaft und dem Anschluss an die Staatsbahn zu einem Eisenbahnknotenpunkt machte. Zahlreiche Unternehmen nutzten die Transportmöglichkeiten mit der Teutoburger Wald-Eisenbahn direkt oder indirekt.

Bürgersteige

Bürgersteige mittlere Berliner Straße 1933.
Bürgersteige mittlere Berliner Straße 1933.

Die Wege und Straßen der Stadt wurden bis etwa 1820 ohne größere Probleme von Fußgängern und Fahrzeugen gemeinsam genutzt. Das Hauptproblem war die Oberfläche der Straßen, die oft ausgefahrene Sandwege waren, in denen sich Regen und Abwässer ansammelten.

 

Mit dem Bau der Minden-Koblenzer Chaussee durch die damalige "Buschstraße" und heutige Berliner Straße wurde diese Hauptstraße erstmals gepflastert. Doch die Passanten hatten von diesem neuen und weniger anfälligen Straßenbelag wenig, da der Verkehr auf der Straße durch die durchfahrenden Fahrzeuge nun wesentlich anstieg. Seitlich der hochgepflasterten Chaussee verliefen schmale Sandstreifen, in denen die Passanten nun mit Regen- und Abwasser ihren Weg teilten.

 

Abhilfe schufen erst die gepflasterten Bürgersteige, die seitlich neben der straßenbegleitenden Abflussrinne für Wasser und Schmutz aller Art errichtet wurden. Mit diesen Bürgersteigen errangen sich die Fußgänger – und damit bis weit in das 20. Jahrhundert hinein die Mehrheit der Menschen – einen eigenen Teil des Verkehrsraums, den sie zuvor in Gütersloh nicht ausdrücklich gebraucht hatten.

Die Bürgersteige entstanden in Gütersloh während des Baus der Chaussee und der späteren Pflasterung der Straßen wohl schon in der ersten Hälfte des Jahrhunderts. Allerdings waren diese Bürgersteige wohl zunächst nicht gepflastert und ihre Unterhaltung und Reinigung blieb Verpflichtung der Hauseigentümer. 1894 beschlossen die Stadtverordneten die abschnittsweise Pflasterung der Bürgersteige an allen Straßen in der Stadt. Die Herstellung der mit Zement-Beton, Zement-Platten, Mosaik-, Klinker- oder Kopfsteinpflaster belegten Bürgersteige solle durch die Stadt erfolgen. Erstmals eingeführt wurden damals die Regenwasserabfluss-Kästen aus Eisen von den Regenrinnen der Häuser zur Regenrinne seitlich der jeweiligen Straße. Diese Kästen waren zur Reinigung mit einem schmalen Schlitz versehen.

Diese Regenwasserabläufe sieht man heute noch im Innenhof des ehemaligen Druckereigebäudes Flöttmann vor der Buchbinderei Grabenheinrich an der Kökerstraße 5 (neben dem Stadtmuseum).

Beleuchtungen

Gasbeleuchtung an der Verbindung zwischen Berliner Straße und altem Krirchplatz um 1965
Gasbeleuchtung an der Verbindung zwischen Berliner Straße und altem Krirchplatz um 1965

Die Beleuchtung der Straßen veränderte das Lebensgefühl der Menschen erheblich. Schon in der Antike und im Mittelalter, als Öllampen und Pechfackeln die Straßen erleuchteten, hatte das Licht der Städte diese auch des Nachts gegenüber dem unbeleuchteten Umland abgegrenzt.

 

Die ersten regelmäßigen Straßenbeleuchtungen ermöglichte das städtische Gaswerk, das am 11. November 1862 seinen Betrieb aufnahm. Die Lampen brannten vom Einbruch der Dunkelheit bis in die Nacht hinein, wurden dann aber in ihrer Mehrzahl gelöscht. Von den insgesamt 174 Lampen im Jahr 1908 erleuchteten 33 an gefährlichen Stellen in der Stadt die ganze Nacht hindurch.