Verkehr: Warenverkehr

Kiepe

Wenn die Lumpenhändler zwischen 1830 und 1870 Reste zum Verkauf an die Rohstoffhändler einsammelten oder die umherziehenden Haustür-Händler unterwegs waren, gingen diese zu Fuß. Dabei trugen sie ihre Waren in Säcken oder auf Gestellen auf der Schulter. Ob allerdings die "Kiepe" als Tragekorb aus geflochtenem Material dazu genutzt wurde, ließ sich bisher nicht nachweisen. Auf Fotos der letzten "Höker"-Händler sind aber eher spezielle Gestell-Vorrichtungen zur Befestigung der Produkte zu erkennen – ein Tragekorb wäre nur für größere Mengen etwa von Saatgut sinnvoll gewesen. Selbst die Rohstoffe für die Garnherstellung dürften die Spinnerinnen und Spinner eher ballenweise getragen oder auf Schubkarren gefahren haben.

Einfache Lasten wurden oft in Tragekörben befördert.
Einfache Lasten wurden oft in Tragekörben befördert.

Schubkarren nutzten die Menschen für den Transport sperriger oder schwerer Güter – oft auch über weite Entfernungen. So verzeichnet die Tarifübersicht für die Chaussee-Benutzungsgebühren auch Schubkarren als Lastfahrzeuge als abgabepflichtig. Voraussetzung für den Transport mit der Schubkarre war allerdings ausreichende Kraft des Nutzers, da bei den Karren die Last nur auf dem einen vorn befindlichen Rad ruhte und ein wesentlicher Teil der Arbeit durch Abheben und Schieben vom Nutzer geleistet werden mußte.

 

Erst etwa nach 1870 kamen die gezogenen Handwagen auf, bei denen die Last auf vier Rädern ruhte und die deshalb für schwerere Lasten geeignet waren. Voraussetzung für deren Nutzung war allerdings ein einigermaßen gleichmäßiges Profil des benutzten Weges, da sonst die Last verrutschen oder der Wagen umkippen konnte.

Junge mit Handkarre um 1910
Junge mit Handkarre um 1910

Die "Bollerwagen" entwickelten sich zu typischen Gefährten für die Auslieferung von Waren oder den Transport von kleineren Mengen - sowie zum Transportmittel des unmotorisierten Kleinen Mannes etwa zum Transport von Baumaterial für den Bau des eigenen Hauses. Bollerwagen hießen die Fahrzeuge umgangsprachlich unter anderem wegen des Lärms, den sie im unbeladenem Zustand wegen ihrer eisenberingten Räder auf dem Kopfsteinpflaster verursachten. Die Wagen bollerten oder polterten dann durch die Stadt.

Fuhrwerk

Fuhrwerk als Lieferfahrzeug der Kornhandlung Angenete & Wulfhorst (heute Ort des Stadtmuseums Gütersloh)
Fuhrwerk als Lieferfahrzeug der Kornhandlung Angenete & Wulfhorst (heute Ort des Stadtmuseums Gütersloh)

Fuhrwerke für den Transport von Waren und Schwerlasten hatten sich bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts kaum verändert.

 

Die zweiachsigen Leiterwagen wurden in erster Linie für den betrieblichen Verkehr in der Landwirtschaft eingesetzt und dienten seltener dem Ferntransport. Bespannt waren sie meist mit einem oder zwei Pferden.

 

Für weitere Strecken genutzt wurden dagegen die zweiachsigen Tonnen- und Planwagen mit ihren Verdecken aus Leder oder Stoffen. Ladung und Reisende wurden unter diesen Verdecken vor Feuchtigkeit und Sonne geschützt. Die Deichselstange an der Vorderachse wurde mit zwei, vier oder sechs Pferden paarweise bespannt – je nach Gewicht von Fahrzeug und Ladung. Auffällig ist das Fehlen von Kutschböcken für den Wagenlenker, doch die Fuhrleute ritten entweder auf dem Pferd links neben der Deichselstange oder lenkten das Gespann als Fußgänger neben den Zugpferden. Diese Fahrzeuge bestimmten noch lange das Bild der Chaussee, auch wenn sich die Technik durch neue Federungen und größere Räder im 19. Jahrhundert verbesserte.

 

Für die schlechteren Wege wurden einachsige Karren mit nur zwei Rädern genutzt, die ein oder zwei Pferde zogen. In den ausgefahrenen Wegen des sandigen Gebietes um Gütersloh war dieses Fahrzeug lange das am besten zu lenkende. Es wurde nach 1847 noch häufig für die Verteilung der Waren vom Gütersloher Güterbahnhof in das Umland genutzt, bis sich die Strassenverhältnisse allmählich verbesserten.

 

Nach 1850 kamen immer mehr kleinere Lastfahrzeuge mit Kutschbock und einem oder zwei Zugpferden in Gebrauch. Diese wendigen Fahrzeuge nutzten die gepflasterten Straßen und kamen auch auf den schwierigeren Wegstrecken zurecht. Zwangsläufig verkleinerte sich die Last wegen der kleineren Fläche und wegen der geringeren Zugkraft der Pferde, doch die größere Schnelligkeit und Wendigkeit glich diese Nachteile schnell aus. Mit diesen kleinen Fahrzeugen wurde der "Lieferwagen" allmählich eingeführt.

Ochsengespann

Schwere Lasten zogen Ochsengespanne hier vor der Kornhandlung Angenete & Wulfhorst in der Kökerstraße, um 1910.
Schwere Lasten zogen Ochsengespanne hier vor der Kornhandlung Angenete & Wulfhorst in der Kökerstraße, um 1910.

Ochsengespanne gehörten zu den Fuhrwerken, die schwerste Lasten beförderten. Dabei nutzten die Landwirte die Kraft der männlichen Rinder, weil ihnen die Haltung von Pferden für die vergleichsweise wenigen Fahrten zu teuer war.

Obwohl die Ochsen wesentlich schwerfälliger waren als Pferde, eigneten sie sich wegen ihres Körperbaus und ihrer eigenen Körpermasse für die Bespannung schwerer Lastfahrzeuge.