Freizeit: Gaststätten

Schank- und Speiselokal

Vorläufer der Sprottendiele an der Blessenstätte um 1910
Vorläufer der Sprottendiele an der Blessenstätte um 1910

Die Schankkonzession war für viele Menschen in Gütersloh und den umliegenden Bauerschaften Anfang und Mitte des 19. Jahrhunderts eine der wenigen Möglichkeiten, das Einkommen zu verbessern. So entstanden zahlreiche kleine und Kleinst-Kneipen, in denen neben allen möglichen Handelsgütern Alkohol verkauft wurde. Die Krise des Garngewerbes hatte seit etwa 1830 viele Gütersloher in diese Kleingewerbe getrieben.
Diese Schankstätten verschwanden nach 1870 allmählich aus den Gewerbestatistiken.

Dafür entwickelten sich Gaststätten mit Saalbetrieb wie Heinrich Pallmeyer an der Blessenstätte oder Georg Pollkläsener, Unter den Ulmen (heute Gütersloher Brauhaus) zu Treffpunkten der Gütersloher Vereine. Andere wurden wie das Restaurant Hohenzollern an der Berliner Straße 8 zu speziellen Speiselokalen.
Manche der Namen von Gaststätten des Jahres 1911 haben wie die Gaststätte Hermann Kuhlmann (Berliner Straße), August Meyer an der Blessenstätte (Sprottendiele), der "Bockskrug" am Stadtpark oder Scheck (damals noch Münsterstraße, später lange in der Berliner Straße) noch Jahrzehnte später Bestand.

Ausflugslokale

Blick in Bergmanns Gartenwirtschaft am Bertels Weg in Kattenstroth (später Wiltmann)
Blick in Bergmanns Gartenwirtschaft am Bertels Weg in Kattenstroth (später Wiltmann)

Sowohl für die städtische als auch für die Landbevölkerung enststanden nach der Mitte des 19. Jahrhunderts zahlreiche Ausflugslokale mit Biergärten und sonnigen Terassen. Zu den bekanntesten Ausflugslokalen zählten Bertels Säle in Kattenstroth, in denen sich seit etwa 1855 bereits die Pennäler des Ev. Stift. Gymnasiums trafen. Später wurde es nach seinem Besitzer in Wiltmanns Säle umbenannt.

Kaffeehaus Bockskrug 1901 an der Parkstraße
Kaffeehaus Bockskrug 1901 an der Parkstraße

Parteilokale

Gaststätte Nordpol an der Marienfelder Straße diente zeitweise der SPD als Parteillokal. Foto ca. 1925
Gaststätte Nordpol an der Marienfelder Straße diente zeitweise der SPD als Parteillokal. Foto ca. 1925

Parteilokale waren ebenso wie Parteizeitungen Zeichen ihrer Zeit, in der sich Menschen bestimmter sozialer Gruppen zu "Parteien" zusammenfanden. Erst die "Sozialdemokratische Partei Deutschlands" wurde als Partei trotz ihres Verbots durch die Sozialistengesetze Bismarcks (1878 - 1890) zu einer Partei im heutigen Sinne. Die Konservativen und Liberalen Gruppen gaben sich keine Strukturen, die dauerhafte Existenz sicherte.
Wenn also Ernst Buschmann eine "Geschichte der konservativen Partei in Gütersloh" verfaßte, dann beschrieb er eine lokale Gruppierung mit starker Ausrichtung auf König und Gott, nicht jedoch einen Vorgänger der heutigen Parteien.
Die zweite "moderne" Partei des 19. Jahrhunderts war das Zentrum als Partei der Katholiken.
Die liberalen und konservativen Kräfte in Preußen und im Deutschen Reich schufen zunächst nur kurzlebige Parteien als Interessengruppen. Das politische System der Bundesrepublik Deutschland mit ihren Volksparteien CDU und SPD war bis zum Ende der Weimarer Republik 1933 noch undenkbar, da soziale Lage und Umgebung die Parteizugehörigkeit wesentlich prägten. Insofern waren Parteizeitung und Parteilokal von entscheidender Bedeutung für den Zusammenhalt der Wählergruppe.

Hotels

Auf der linken Seite der Kirchstraße befand sich um 1900 das Hotel Schmale mit einer Bierhalle (vorne). Später übernahm Hotelier Freese das Gebäude und nannte es Kaiserhof. Dieser Name ist allerdings bis heute mit dem ehemaligen Namen Niemöller Nr. 31 auf
Auf der linken Seite der Kirchstraße befand sich um 1900 das Hotel Schmale mit einer Bierhalle (vorne). Später übernahm Hotelier Freese das Gebäude und nannte es Kaiserhof. Dieser Name ist allerdings bis heute mit dem ehemaligen Namen Niemöller Nr. 31 auf

Hotels dienten in Gütersloh seit etwa 1870 zunehmend der Unterkunft und Verpflegung der gebildeten Stände. Sie waren somit klassische Einrichtungen des bürgerlichen Reiseverkehrs.

In Gütersloh bestanden um die Jahrhundertwende drei Hotels, von denen der Westfälische Hof (heute: "Fasan", Kökerstraße 10) und das Hotel Barkey (heute: Goldschmiede Haines und Durchfahrt zum Kolbeplatz) in der Kökerstraße als Seitenstraße der Chaussee und als Verbindungsstraße zum Bahnhof lagen. Das Hotel Schmale wurde später zum Hotel Kaiserhof und ist der Vorgänger des heutigen Parkhotels.

Für die durchziehenden Handwerkergesellen gab es übrigens seit etwa 1890 mit dem Evangelischen Vereinshaus unter der Leitung des Hausvaters Tobusch ein zweckmäßiges und günstiges Quartier mit stark religiöser Prägung, aus dem sich in den 1950er Jahren der "Ravensberger Hof" als beliebtes Hotel entwickelte.