Schulen: Jungenbildung

Evangelisch Stiftisches Gymnasium

Ev. Stift. Gymnasium um 1890
Ev. Stift. Gymnasium um 1890

Die evangelische Erweckungsbewegung entwickelte in den 1840er Jahren Pläne für eigenständige höhere Schulen, da die gebildeten Stände meist der Kirche entfremdet seien und in „Unkenntnis ihrer Heilschätze“ lebten. Diesem württembergischen Aufruf für christliche Schulen zur Bildung der Gebildeten folgten auch Protestanten im Rheinland.
Sie gründeten am 25. August 1848 in Barmen die „Evangelische Gesellschaft“, die das Volk in allen Schichten wieder für das Evangelium gewinnen wollte. Ihr Ziel war die Gründung eines christlichen Lehrerseminars und eines christlichen Gymnasiums.

Der Elberfelder Pastor Feldner erkannte als Präses der Gesellschaft „ so die Festschrift zum 75jährigen Bestehen des Gymnasiums - „richtig, dass eine größere Stadt zu unruhig wäre, dass die Rheinprovinz mit ihrem regen industriellen Leben überhaupt nicht geeignet sei, er dachte an das Ravensberger Land, das mit dem Wuppertaler von jeher in Verbindung stand.“

In Ravensberg wurde deshalb ein eigenes Kuratorium für das christliche Gymnasium gebildet, in dem unter anderem der ehemalige Gütersloher Pastor Volkening und fünf Gütersloher tätig wurden. Unter den Städten Halle, Höxter und Gütersloh entschied sich die regionale Kommission für Gütersloh. Als am 20. August 1849 die Evangelische Gesellschaft in Barmen dem Kuratorium in Ravensberg sämtliche Vorbereitungen für den Bau des Gymnasiums überließ, war wenige Tage vorher die Entscheidung für Gütersloh gefallen. Das Kuratorium wurde zum Schulträger und dessen Vorsitzender Clamor Huchzermeier (Schildesche) zur prägenden Person für das Gymnasium in den nächsten fünf Jahrzehnten.

Am 17. und 18. Juni 1851 wurde die Eröffnung des Gütersloher Gymnasiums im Rahmen eines Missionsfestes in Gütersloh feierlich begangen. Noch begann der Unterricht in provisorisch angemieteten Räumen, doch die Baumaßnahme war bereits geplant. Am 26. März 1852 nahm König Friedrich Wilhelm IV. die Grundsteinlegung für den Bau an der Feldstraße vor. Zum Geburtstag des Königs wurde das neue Gebäude am 15. Oktober 1853 feierlich eröffnet.

Evangelisch Stiftisches Gymnasium: Schulbetrieb

Alumnat an der Roonstraße von 1902
Alumnat an der Roonstraße von 1902

Für zunächst 16 Schüler und fünf Lehrerkollegen organisierte der Gymnasial-Direktor Dr. Theodor Rumpel im Juni 1851 den Unterricht an der neu ins Leben getretenen „Höheren Privat-Lehranstalt in der Stadt Gütersloh“.

Die Schülerzahl wuchs zum Beginn des zweiten Schuljahres rasch auf 122 an. Als im Oktober 1853 das neue Gebäude bezogen wurde, waren bereits 152 Schüler angemeldet. Sie alle sollten dem Zweck des Gymnasium entsprechend unterrichtet werden. Dazu heißt es in den 1854 offiziell anerkannten Schulstatuten: „Das Gymnasiums bezweckt neben den ihm mit den übrigen Gymnasien gemeinsamen Zwecke des einer vorzugsweise auf der Grundlage des klassischen Altertums ruhenden Ausbildung für die wissenschaftlichen Universitätsstudien, ganz besonders die christliche Erziehung und Unterweisung der Schüler auf dem Grunde des Wortes Gottes und der kirchlichen Bekenntnisse.“

Prägend für die theologische und menschliche Ausrichtung der Schule waren neben dem Direktor und dem Kuratorium vor allem die Anstaltspfarrer. Insbesondere der 1866 als erster Anstaltspfarrer nach Gütersloh gekommene Dr. Theodor Braun, der bis 1884 im Evangelisch Stiftischen Gymnasium wirkte, hinterließ seine Spuren. Er wurde 1884 als Generalsuperintendent nach Berlin berufen. Sein Nachfolger wurde Pastor Möller, der bis 1910 im Amt blieb.

Knabenselecta

In der Altstadtschule war auch die zweiklassige Knabenselecta unteregebracht.
In der Altstadtschule war auch die zweiklassige Knabenselecta unteregebracht.

Die öffentliche Selecta wurde 1879 in Gütersloh eingerichtet. Diese Selecta beruhte Bestimmungen des preußischen Schulgesetzes, wonach sechsklassige Volksschulen in den Oberklassen nach dem Lehrplan der Mittelschulen unterrichtet werden konnten. Die Gütersloher Selecta wurde im ersten Jahr von 38 Jungen und 13 Mädchen besucht.

Weitergehender Unterricht wurde vor allem in Deutsch, Rechnen, Geographie und Französisch erteilt. Ziel war eine Ausrichtung auf das praktische Berufsleben der Heranwachsenden, was nach wenigen Jahren zu einer Trennung der Ausbildungsgänge für Jungen und Mädchen führen sollte.

 

Alumnat an der Barkeystraße
Alumnat an der Barkeystraße

Für Gütersloh hatte das Gymnasium Auswirkungen in alle Lebensbereiche hinein. In vielen Gütersloher Haushalten wurden nun auch Schüler einquartiert, die „ häufig als Pastorensöhne „ wegen des betont christlichen Schulprogramms als künftige Pastoren, Missionare und Beamte aus vielen Städten und Gemeinden nach Gütersloh geschickt wurden. Natürlich war der Besuch der Schule auch Einheimischen möglich.

Nach und nach entstanden mit dem Johanneum, dem alten Alumnat an der Hohenzollernstraße und dem Neubau des Alumnats I an der Roonstraße Gemeinschaftsquartiere für die Jungen.