Schulen: Mädchenbildung

Töchterschule

Im Jahr 1848 entstand die „von einigen Familien hier errichtete Privatschule”, in der zunächst sowohl Jungen als auch Mädchen unterrichtet wurden. Die Schule hatte als von den Familien getragene Einrichtung kein eigenes Domizil und wechselte ihren Standort mehrfach. Nach dem Weggang des Lehrers Schneeganz wurde sie 1854 geschlossen.

Doch schon wenige Monate später wurde das Institut unter der Leitung der Lehrerin Krüger neu eröffnet. Nun besuchten die Gütersloher Jungen das 1851 errichtete Evangelisch Stiftische Gymnasium, die Mädchen wurden von nun an allein unterrichtet. Seit 1855 gab es einen feststehenden Lehrplan, der den Unterrichtsbedürfnissen des gehobenen Mittelstandes in Gütersloh entgegenkam. Unterrichtet wurden Englisch und Französisch, Religion, Deutsch, Schreiben, Rechnen, Naturgeschichte, Zeichnen, Singen und Handarbeit. Der Schwerpunkt wurde kurz darauf noch stärker auf die Fremdsprachen und Deutsch gelegt, wodurch die Fähigkeit zu angenehmer weiblicher Konversation im bürgerlichen Hause gefördert werden sollte.

Das Gebäude der Höheren Töchterschule um 1912
Das Gebäude der Höheren Töchterschule um 1912

Zu den Lehrkräften zählte von 1857 bis 1869 als alleinige Lehrerin und Leiterin der Schule Franziska Mangelsdorf. Sie war die Schwester des späteren Gütersloher Bürgermeisters Emil Mangelsdorf. Franziska Mangelsdorf wurde wegen ihrer anfälligen Gesundheit mehrfach von ihren Geschwistern bei der Durchführung des Unterrichts unterstützt.

Die Höhere Töchterschule bestand bis in die 1880er Jahre. 1886 hatte sie in der vorletzten Klasse, aufbauend auf dem Besuch der Volksschule, 30 Schülerinnen und in der weiterführenden letzten Klasse noch zwölf Schülerinnen. Der Unterricht fand seit 1871 im Gesellschaftshaus der „Erholung” an der Kökerstraße statt. 1889 ging diese Privatschule in der städtischen Mädchen-Selecta auf.

Mädchen-Selecta

Die öffentliche Selecta wurde 1879 in Gütersloh eingerichtet. Diese Selecta beruhte Bestimmungen des preußischen Schulgesetzes, wonach sechsklassige Volksschulen in den Oberklassen nach dem Lehrplan der Mittelschulen unterrichtet werden konnten. Die Gütersloher Selecta wurde im ersten Jahr von 38 Jungen und 13 Mädchen besucht.

Weitergehender Unterricht wurde vor allem in Deutsch, Rechnen, Geographie und Französisch erteilt. Ziel war eine Ausrichtung auf das praktische Berufsleben der Heranwachsenden, was nach wenigen Jahren zu einer Trennung der Ausbildungsgänge für Jungen und Mädchen führen sollte.

Die Mädchenbildung erlangte durch die Vereinigung mit der Höheren Töchterschule zu Ostern 1887 ihre Eigenständigkeit, was nicht zuletzt durch die Errichtung eines eigenen Schulgebäudes an der Moltkestraße seinen sichtbaren Ausdruck erhielt.

Das Gebäude der Höheren Töchterschule um 1911
Das Gebäude der Höheren Töchterschule um 1911

Lyceum

Seit 1889 die öffentliche Mädchen-Selecta und die private Höhere Töchterschule vereint worden waren, hatte sich Gütersloh wirtschaftlich und kulturell weiter entwickelt. Dieser Strukturwandel in Gütersloh ermöglichte es der Stadt 1912, die bisherige Mädchen-Selecta durch die Ausstattung mit qualifizierten, akademisch ausgebildeten Lehrerinnen und Lehrern und durch die Ausdehnung des Unterrichtsprogramms bis zum 10. Schuljahr aufzuwerten.

Auf der nun Lyzeum genannten Schule konnten sich die Mädchen auf den Besuch des Oberlyzeums vorbereiten, das sie zum Abitur führte und anschließend eine wissenschaftliche Ausbildung für die Frauen ermöglichte. Die Gütersloher Entwicklung spiegelte die sich allmählich verändernde Rolle der Frau wieder „ sie schuf zugleich aber auch die Voraussetzungen für weitere Schritte.

Neubau des Lyceums von 1912/13
Neubau des Lyceums von 1912/13

Am 15. Mai 1913 wurde die Schule offiziell als Lyzeum anerkannt. Sie nahm damals übrigens bereits die sechsjährigen Kinder auf, zeitweise auch Jungen.

 

Die Bedeutung des neuen Schultyps wurde durch einen stattlichen Neubau an der Moltkestraße unterstrichen. Das Lyzeum bezog nun ein Gebäude mit 14 Klassenzimmern, Aula, Turnhalle und Direktorenzimmer. Die Lage des Gebäudes sollte außerdem künftige Ausbaumöglichkeiten sicherstellen.