Gesundheit: Heilberufe

Hebammen

Seit 1816 galt in Preußen die neue Hebammenordnung. Die Tätigkeit von Bezirkshebammen in Stadt und Landbezirken wurde neu geregelt. Die Landhebamme z.B. war für etwa 200 Familien zuständig und sollte in der Mitte ihres Bezirks wohnen.

Die Wirklichkeit sah anders aus: 1883 forderte der Kreisarzt eine vierte Hebamme für die Stadt und das Amt Gütersloh – also für mehr als Personen oder etwa Familien.
Mehr als drei frei praktizierende, aber städtisch angestellte Hebammen gab es aber bis zum Beginn des Ersten Weltkrieges meist nicht, da eine Stelle wegen Krankheit oder Alters oft nicht besetzt war. Pro Hebamme waren im Jahr rund 60 Geburten zu verzeichnen, bei denen aber auch die Vor- und Nachsorge als Aufgabe der Hebamme zu erledigen war.
Zu berücksichtigen ist dabei, dass die Geburten nahezu immer als Hausgeburten stattfanden und die Hebammen die Patientinnen und die Kinder immer wieder in ihren Haushalten aufsuchten.

Im Stadtmuseum ist der aufklappbare Geburtsstuhl einer Hebamme aus der Eifel zu sehen, der um 1910 zur Erleichterung der Hilfestellung – außerhalb des sonst gebräuchlichen Ehebettes – mitgebracht wurde.

In den Akten des Stadtarchivs ist nachzulesen, dass die Ausstattung der Hebammen längst nicht immer den Ansprüchen genügte.

Zahnärzte

Stadtmuseum Gütersloh
Stadtmuseum Gütersloh

Zahnärzte sind in Gütersloh seit 1894 tätig. Mit Guido Hase ließ sich seinerzeit der erste studierte Zahnarzt hier nieder. Martin Krietenstein und Heinrich Reckeweg folgten Anfang des 20. Jahrhunderts.
Neben den Zahnärzten wirkten noch lange vor allem Dentisten als handwerklich gebildete Zahnheilkundige an der zahnmedizinischen Versorgung der Menschen mit.

Die heutigen Standards der zahnmedizinischen Versorung waren um 1900 noch undenkbar. So blieb das Bohren zur Entfernung von erkrankten Teilen des Zahnes noch eine Arbeit von Hand oder Fuß als Antriebskraft für den Bohrer. Noch war die Elektrifizierung der Stadt nicht begonnen, die elektrischer Strom als Antriebskraft nutzbar gemacht hätte.

Im Stadtmuseum wird dieser Stand der zahnmedizinischen Versorgung in der Dauerausstellung an den Objekten um einen Tretbohrer sichtbar. Die Elektrifizierung wurde erst in den 1930er Jahren abgeschlossen, durch den Krieg dann wesentlich gefährdet und ist erst seit den 1950er Jahren durchgängig gewährleistet.

Heilpraktiker

Heilpraktiker und Naturheiler gehörten seit Jahrhunderten zum Alltag der Menschen. Neben der vom Handwerk zur Wissenschaft wachsenden Bedeutung der Medizin während des 19. Jahrhunderts fiel die Entwicklung dieses Zweiges der Heilkunde jedoch wegen der weiten Verbreitung der (billigeren) naturheilkundlichen Verfahren besonders auf.

Der Naturheilverein Gütersloh entstand 1896 und hatte schnell rund 100 Mitglieder.

Dieser Verein war auch die Basis für die Entstehung des Kurhauses Güthenke unter der Leitung des früheren Schneidermeisters Güthenke. Das Beispiel des außergewöhnlich erfolgreichen Heilpraktikers belegt die Bedeutung der Naturheilkunde am Ende des 19. Jahrhunderts.