Gesundheit: Krankenhäuser
Evangelisches Krankenhaus
Krankenhäuser oder Hospitäler waren seit Jahrhunderten mehr Verwahrstätte für Kranke und Gebrechliche als Behandlungsstellen, doch seit etwa 1750 war der vorübergehende Aufenthalt zur Heilung
unter ärztlicher Leitung als neues Ziel der Behandlung in den Zentren der Macht auch in Deutschland aufgekommen.
Vorgeschlagen wurden Krankenhäuser von der Fachwelt für Städte über 30.000 Einwohner. Doch durch die Stiftung des verstorbenen Kaufmanns Heinrich Barth war es auch im damals noch unter 4000 Einwohner
zählenden Städtchen Gütersloh möglich, ein "Allgemeines Krankenhaus für die evangelischen Bewohner der Stadt" zu errichten und zu betreiben.
Das Krankenhaus 1861/62 wurde an der Berliner Chaussee nördlich der Stadt errichtet. Die Architektur war seinerzeit hochmodern und orientierte sich an der Bauweise des Berliner
Diakonissenkrankenhauses Bethanien. Die eckigen Türme in der Hauptfront hatten zwar für den Krankenhausbetrieb keine Funktion. Sie sollten aber als Teil der Architektursprache auf die
religiös-politische Komponente des Anstaltsbetriebes (Axel H. Murken) hinweisen. Architekt war Christian Heyden aus Barmen, der auch die Neue Kirche und vor allem das Rathaus errichtet hatte.
Krankenhausarzt war Dr. Friedrich-Wilhelm Stohlmann. Er wurde schon 1886 vertraglich verpflichtet, die Krankenhaus-Patienten mindestens zweimal pro Woche zu besuchen. Dafür erhielt Stohlmann 300
Mark im Jahr. Die Kosten für Verpflegung und Unterbringung betrugen pro Tag 0,80 Mark. Ein "besonderes Zimmer" kostete 1885 genau 2 Mark. Das Krankenhaus verfügte damals über 17 Betten für Männer und
23 für Frauen. Im Krankenhaus der Barth’schen Stiftung wurden von den dort tätigen Diakonissen aus Bethel allerdings eher Kranke und Gebrechliche verpflegt als das auf ihre Heilung behandelt wurde.
Dies änderte sich erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts.
Für ansteckend Kranke gab es seit 1892 eine Isolierbaracke.
1900/1901 wurde das Krankenhaus erweitert und an die Erkenntnisse der Bakteriologie Robert Kochs angepasst. Sanitärtechnik und Heizung, aber auch ein eigener Operationssaal wurden errichtet. Erster
angestellter leitender Arzt wurde im Jahr 1907 Dr. Julius Leopold Kranefuß (1865-1944), der bis 1930 vor allem als Chirurg wirkte und zusätzlich eine eigene Praxis führte.
Am ehemaligen Standort an der Berliner Straße steht heute das Hermann-Geibel-Haus als Altenzentrum. Das alte Krankenhaus wurde 1932 teilweise und etwa 1970 endgültig durch die Neubauten des
Städtischen Krankenhauses an der Reckenberger Straße ersetzt.
Katholisches Krankenhaus
Im ehemaligen Pfarrhaus am damaligen Domhof entstand 1894 das katholische St. Elisabeth-Hospital. Auch in diesem konfessionellen Krankenhaus wurden von den "Armen Franziskanerinnen aus Olpe"
zunächst eher Pflegefälle betreut. Aber schon 1900 wurde ein Flügel mit neuen zusätzlichen Krankenzimmer, einem Ärzte- und Operationszimmer sowie zwei Teeküchen errichtet. 1904 kam auch hier eine
Isolierbaracke hinzu.
Nun besaß das St. Elisabeth-Hospital insgesamt 26 Betten.
Die Gütersloher Ärzte belegten die Betten und betreuten jeweils ihre Patienten. Als ärztlicher Leiter wirkte Medizinalrat und Kreisarzt Dr. Wilhelm Schlüter, der nur wenige Schritte vom St.
Elisabeth-Hospital entfernt Unter den Ulmen praktizierte.
1914 wurde Dr. Ignaz Jaspers als erster Arzt ausschließlich für das katholische Hospital fest angestellt.
Provinzial-Heilanstalt
1911 begann in Pavenstädt der Bau der Westfälischen Provinzial-Heilanstalt, der 1914 fertiggestellt wurde. Neben den Architekten war für die Gesamtplanung dieses Komplexes mit rund 40 Gebäuden der
spätere Leiter Dr. Hermann Simon (1867-1948) verantwortlich. Simon begründete in Gütersloh seine "Arbeits-Therapie", die wegweisend für die gesamte Psychiatrie in Deutschland werden sollte.
Die landwirtschaftlichen, gärtnerischen und handwerklichen Abteilungen sowie die Erfüllung von Aufgaben des Klinikablaufes sollten den Kranken eine Stärkung des Selbstwertgefühls und damit letztlich
Heilung ermöglichen. Dieses Konzept hatte Dr. Hermann Simon in Warstein entwickelt, um es ab 1914 als "aktivere Krankenbehandlung in der Irrenpflege" (so ein Buchtitel Simons von 1929) in Gütersloh
zu verwirklichen.
Als im August 1914 der Erste Weltkrieg begann, wurde die neue Provinzial-Heilanstalt jedoch zunächst zu einem Gefangenenlager für Offiziere. Die ersten psychisch Kranken wurden ab 1919 hier
behandelt.