Gesundheit: Vorsorge

Wasserwerk

Das städtische Wasserwerk entstand im Zuge der Bemühungen Preußens um die öffentliche Hygiene nach der Entdeckung der Choleraerreger in verschmutztem Wasser. Robert Koch hatte 1883 Bakterien als Überträger der in Mitteleuropa tödlichsten Seuche nachgewiesen. Die Furcht davor war auch in Gütersloh groß. 1886 wurde die Wasserqualität von 526 Hausbrunnen in der Stadt Gütersloh untersucht, nur 216 enthielten tadelloses Wasser. Handeln war auch vor Ort geboten.
Verschiedene Bohrversuche, große Wasserhärte, Vorbehalte der Stadtverordneten wegen der angeblich zu hohen Kosten – das waren die Diskussionspunkte in Gütersloh, bevor schließlich doch die Entscheidung zugunsten von unbedenklicher Wasserqualität fiel: Die Brunnen befanden sich an der östlichen Stadtgrenze auf dem Gelände des Kolonats Güth (heute Langer Weg), während der Wasserturm als Speicher- und Druckgefäss auf der westlichen Seite der Stadt Gütersloh an der Friedrichstraße errichtet wurde. Am 1. Oktober 1888 begann die städtische Wasserversorgung durch 9250 Meter Rohre mit 103 Hydranten und 175 Wassermessern für die zunächst 388 Kunden. Ende März 1892 hatten die Wasserwerke 422 Kunden.
Zeugnisse dieses Beginn der zentralen Wasserversorgung sind heute der Wasserturm von 1888, er steht unter Denkmalschutz und wird seit 1999 als Jugendtreff genutzt sowie die Flächen des Wasserwerks am Langen Weg.
Im Stadtarchiv sind zum Beispiel die Listen der Hausbrunnen von 1884 und 1886 erhalten. Die Gütersloher Verwaltungsberichte geben einen Überblick über die weitere Entwicklung der Wasserversorgung und ihrer Probleme im rasch wachsenden Gütersloh.
Im Stadtmuseum ist einer der Schreibtische des Bakteriologen Robert Koch zu sehen, dessen bakteriologische Erkenntnisse auch in Gütersloh als Begründung für diese typisch städtische Infrastruktur-Einrichtung genutzt wurden.

Badehaus

Badehaus der Carl-Hahn-Stiftung an der Friedrichstraße
Badehaus der Carl-Hahn-Stiftung an der Friedrichstraße

Immer mehr Übertragungswege und Entstehungszusammenhänge von Krankheiten konnte die Medizin auf mangelnde Körperpflege und Reinigung zurückführen. Deshalb wurden als vorbeugende Gesundheitspflege für den Einzelnen "Volksbäder" in allen möglichen Städten errichtet.. 1899 formulierte die neu gegründete Deutsche Gesellschaft für Volksbäder das Ziel "Jedem Deutschen wöchentlich ein Bad!"
Schon 1894 konnten beim Friseur Garleb an der Berliner Straße 38 Wannen – oder Brausebäder genommen werden. Allerdings wurde dieser Teil des Betriebes bereits 1895 wieder eingestellt.
Das erste öffentliche Wannen- und Brausebad Güterslohs war seit Dezember 1906 die "Carl-Hahn-Stiftung" an der Friedrichstraße. Für Frauen gab es vier Zellen für Wannen- und zwei für Brausebäder, während die Männerabteilung mit zwei Wannen- und vier Brausebädern ausgestattet war. Ein Wannenbad kostete mit Badewäsche 40 Pfennig, ein Brausebad kostete 10 Pfennig. Dieses öffentliche Bad wurde bis 15. April 1961 genutzt, danach waren die Bäder im neuen Hallenbad an der Herzebrocker Straße möglich. Das Gebäude der Carl-Hahn-Badeanstalt wurde 1976 abgerissen.

Gesundheitsvereine

Kurhaus Güthenke
Kurhaus Güthenke

Gesundheit wurde zum Ende des 19. Jahrhunderts zu einem erstrebenswerten und durch eigene Aktivitäten leichter zu sichernden Gut des Einzelnen. Dabei war der rasante Fortschritt der medizinischen Wissenschaften nur einer der Gründe für die neu entdeckten Möglichkeiten des Einzelnen bei der Gesundheitsvorsorge.

1894 wurde in Gütersloh der Naturheilverein gegründet. Geleitet wurde er vom Schneidermeister Güthenke, der 1898 bereits 100 Mitglieder aufführen konnte.

Güthenke entwickelte seine Kenntnisse beständig weiter, wurde Heilpraktiker und gründete 1906 an der Dalke in Sundern das Kurhaus Güthenke als Privatkrankenanstalt. Dort behandelte er nach Grundsätzen der Naturheilkunde. Um dieses Kurhaus herum entstanden in den folgenden Jahrzehnten die Anlagen des Stadtparks, des Botanischen Gartens und zuletzt des Apothekergartens als Teil der Erweiterung des Botanischen Gartens.

Neben dem Kurhaus bestand eigenständig der Naturheilverein weiter. Er sah auf der Basis der Lehren von Vinzenz Priessnitz (1799-1871) Licht- und Luftbäder als Voraussetzungen für gesunde Lebensführung und Heilung bei Erkrankungen an. Der Priessnitz-Verein verfügte schon 1906 über ein Licht-, Luft- und Schwimmbad an der Dalke, das bis heute im Besitz des Vereins ist und zunächst neben dem Mühlenkolk an Meiers Mühle als einziges Schwimmbad Güterslohs diente.

1912 entstand in Gütersloh der Biochemische Verein. Er zielte darauf, die Widerstandskraft des Körpers durch gesunde Lebensweise zu stärken. Einige Mitglieder nutzten als Heilverfahren außerdem die Theorie von Schüßler (1821-1898), nach der Krankheit die Folge von Veränderungen im Salzgehalt der Körperzellen sei, und führten entsprechend die "richtigen" Salze aus einem Grundbestand von zwölf anorganischen Salzen in Form von Pastillen zu. Nachfolger des Biochemischen Vereins ist heute der Volksgesundheitsverein.

Damen-Luftbad des Naturheilvereins Gütersloh an der Dalke
Damen-Luftbad des Naturheilvereins Gütersloh an der Dalke

Kanalisation

Hygiene durch Kanalisation – das war seit 1873 Ziel der "Cholera-Kommisssion des Deutschen Reiches". Ausscheidungen von Tieren, Menschen und zunehmend auch von Handwerk, Gewerbe und Industrie gefährdeten die Gesundheit der Menschen. Noch flossen die Abwässer mehr oder weniger durch die Rinnsteine der Stadt zur Dalke, wo sie ungeklärt eingeleitet wurden, oder versickerten auf den Höfen in Dunggruben, die nahe den Trinkwasserbrunnen lagen.

Erst 1913 wurde eine städtische Kläranlage im Bereich des heutigen Westrings angelegt, zu dem das Abwasser durch die neu angelegte Kanalisation geleitet wurde. Dieses städtische Netz der Abwasser-Entsorgung sorgte durch unterirdische Rohre für einen Abfluß der Schmutzwasser und Fäkalien, der für Kinder, Tiere oder Pflanzen den direkten Kontakt mit möglicherweise gefährlichen Stoffen verhinderte.

Gleichzeitig mit der Schmutzwasser-Ableitung wurde auch ein Regenwasser-Kanalsystem geschaffen, dessen Aufgabe die schnelle Ableitung von Regenwasser aus der Stadt wurde. Auf diese Weise sank auch die Hochwassergefahr in der Stadt, da nun größere Regenwasser-Mengen unterhalb des Stadtkerns in die Dalke gelangten und nicht in der Nähe des Stadtgebietes den Dalke-Pegel erhöhten.