Stadtentwicklung: Stadt Gütersloh

Stadtgebiet

Nach der Teilung der Gesamtgemeinde im Jahr 1842 in eine Stadt und eine Landgemeinde und der Festsetzung der städtischen Grenzen im Dezember 1847 betrug das Stadtgebiet ca. einen Quadratkilometer (147 ha). Die geringe Fläche war ein Hindernis für die Ausweisung weiterer Gewerbebetriebe und Wohnflächen. 1868 wurde eine Fläche von 23 Hektar östlich des Bahnhofes vom Amt Gütersloh angekauft. Zum 1. April 1910 wurde das Amt Gütersloh mit den Bauerschaften Pavenstädt, Blankenhagen, Nordhorn und Sundern und die Bauerschaft Kattenstroth aus dem Amt Reckenberg in die Stadt eingemeindet. Damit wurde das weitere Wachstum der Stadt möglich.

Stadtrechte

Am 14. November 1825 erließ der preussische König Friedrich Wilhelm III. eine Kabinettsorder, die die Einführung von Provinzialständen in den preussischen Provinzen vorsah. Es gab vier Stände, die jeweils bis zu 20 Abgeordnete in die neu geschaffene Volksvertretung auf Provinzebene, dem Provinzial-Landtag, wählen konnten:

  • Hochadel
  • Ritterschaft (Großgrundbesitzer)
  • Städte
  • Landgemeinden

Mit Berücksichtigung des Gewerbe- und Steueraufkommens wurde das Dorf Gütersloh 1825 durch den Oberpräsidenten Vincke in den Stand der Städte berufen und damit erstmals als Stadt erwähnt.
Weitere Stadtrechte wurden nicht verliehen. Erst mit der Annahme der Städteordnung 1842 wurde die Ratsverfassung (Stadtverordnetenversammlung, Magistrat, gewählter Bürgermeister) eingeführt.

Wappen

12. Januar 1844: Verleihung des Stadtwappens durch den preussischen König Friedrich Wilhelm IV

Symbole: rotes Spinnrad mit sechs Speichen, steht für die Garnspinnerei und den Gewerbefleiß, drei silberne Ströme auf grünem Feld stehen für die Stadtfarben grün und weiß,
eine die preussischen Nationalfarben andeutende in silber und schwarz achtmal wechselnde Einfassung

Der beantragte Wahlspruch "Numquam retrorsum (= Niemals zurück)” wurde vom Innenministerium nicht genehmigt.

Bahnhof

Bahnhof um 1875. Links Haus Saligmann (Lumpenhandel, Kökerstraße), rechts Güterschuppen
Bahnhof um 1875. Links Haus Saligmann (Lumpenhandel, Kökerstraße), rechts Güterschuppen

Das Bahnhofsgelände für Gütersloh lag im äußersten Osten des Stadtgebietes, als 1847 die Anlagen für das Empfangsgebäude, die ersten Bahnsteige, die Lokschuppen, den Güterbahnhof und alle anderen dazugehörigen Einrichtungen nahezu fertiggestellt wurden.
Der größte Teil der Bahnhofsanlagen wurde allerdings auf dem Gebiet des Amtes Gütersloh in den Bauerschaften Sundern und Nordhorn errichtet. So befand sich das Empfangsgebäude am Ende der Kökerstraße noch im Stadtgebiet, der Güterbahnhof jedoch gehörte zur Bauerschaft Sundern.
Die Flächen hatten die Stadt und das Amt Gütersloh der Eisenbahngesellschaft kostenlos zur Verfügung gestellt, um die Streckenführung über die aufstrebende Stadt sicherzustellen.

Kökerstraße

Die Kökerstraße wurde durch den Bau der Köln-Mindener Eisenbahn nach 1850 zu einer der wichtigsten Straßen Güterslohs.
Seit 1820 gab es hier bis 1868 die Volksschule unter der Leitung von Ernst Buschmann (seit 1828), später folgten die Zentraleinrichtungen der Weberei Delius & Raßfeld bzw. anschließend Gebrüder Bartels und die Kornhandlung Angenete & Wulfhorst (ab 1868, heute Stadtmuseum) und beispielsweise das Hotel Barkey der Familie Westerfrölke, nahe dem Bahnhof wirkte seit 1835 Dr. Friedrich Wilhelm Stohlmann in Arztpraxis und Wetterstation. Wohl im Jahr 18XX wurde das Gesellschaftshaus der konservativen Gesellschaft "Erholung" fertiggestellt und 1885 wurde das neue Kaiserliche Postamt fertiggestellt, das gegenüber dem Hause Stohlmann trotz der offiziellen Adresse Bahnhofstraße die Kökerstraße optisch und baulich abschloß.

Kökerstraße mit Gebäude der "Erholung" (rechts)
Kökerstraße mit Gebäude der "Erholung" (rechts)

Den eigentlichen Abschluß bildete allerdings das Empfangsgebäude des Gütersloher Bahnhofs am Ende der Kökerstraße. Unangenehm für alle Beteiligten war die Tatsache, dass die Straße vor dem Empfangsgebäude wegen eines Meßfehlers bei der Abgrenzung zwischen Bahn- und Stadtbesitz über Jahrzehnte ungepflastert blieb und nur mit Kies und Kohlenasche bedeckt war. "Bei anhaltendem Regen wicht der Boden auf und ist die Straße alsdann für den Fußgänger- und Wagenverkehr kaum zu benutzen", hieß es 1906 im städtischen Verwaltungsbericht. Das eher peinliche Entree in die Stadt blieb lange ungepflastert und wurde nach einem Gerichtsurteil von der Eisenbahnverwaltung nur als Weg unterhalten.

Münsterstraße

Münsterstraße
Münsterstraße

Die Münsterstraße war seit vielen Jahrzehnten Sitz vieler Handwerksbetriebe gewesen. Im Stadtmuseum wird beispielsweise an die Kupferschmiede und Glockengießerei Lohmeier auf dem heutigen Gelände der Dresdner Bank erinnert. Auch zahlreiche Fleischverarbeitungs-betriebe wie Vogt & Wolf oder Marten, der Kistenhersteller Ostermann und andere Firmen wurden in der Münsterstraße gegründet und lange dort betrieben.

Die Königstraße behergte seit 1855 die Dampfmühle Plange. Dort wurde die erste Dampfmaschine in Gütersloh aufgestellt. Der hoch aufragende Schornstein gehörte zu den ersten sichtbaren Zeichen der Industrialisierung in Gütersloh. Auf dem Gelände – das heute im wesentlichen dem Modehaus Finke Platz bietet – befand sich auch eine Kornbrennerei. Hinter dem Rathaus stand von etwa 1880 bis 1906 auch das Spritzenhaus der Freiwilligen Feuerwehr Gütersloh. Es wich dann dem 1908 fertiggestellten Neubau des Amtsgerichts an der Königstraße. Beide Straßen wurden wie auch die Kirchstraße bis zum Gemeindesaal 1822 als ersten in Gütersloh gepflastert. Die Kosten dafür übernahmen die Anlieger selbst – ein Beweis für das Interesse und die wirtschaftliche Leistungskraft der Anwohner.

Ansiedlung Ev. Stift. Gymansium

Gymnasialgebäude von 1852 bis 1928
Gymnasialgebäude von 1852 bis 1928

Das Evangelisch Stiftische Gymnasium nahm 1851 seine Tätigkeit auf. Neubauten des Gymnasums entstand an der Feldstraße im äußersten Westen des Gütersloher Stadtgebietes. Als König Friedrich-Wilhelm IV am 26. März 1852 den Grundstein für den Fachwerkbaus des Schulgebäudes legte, und dieser am 15. Oktober des gleichen Jahres bezogen werden konnte, verlagerten sich die Wege der Schüler wie auch der Entwicklung Güterslohs. Die gegenüber errichtete Aula setzte noch die Schulentwicklung fort, doch mit dem Gaswerk hinter der Schule ab 1862 setzte sich die Entwicklung mit einem weiteren öffentlichen Bau fort. 1868 entstand fast neben der Schule die Gütersloher Brauerei.